Eine Kündigung ist oft ein Schock, besonders wenn sie aufgrund einer Krankheit erfolgt. Viele Fragen tauchen auf: Ist das überhaupt erlaubt? Was sind meine Rechte? Und ganz wichtig: Bekomme ich eine Abfindung, wenn mir wegen Krankheit gekündigt wird?
Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel. Sie erfahren, unter welchen Voraussetzungen eine krankheitsbedingte Kündigung möglich ist und wie es um Ihren Anspruch auf eine Abfindung bei einer Kündigung wegen Krankheit bestellt ist.
Wir klären die wichtigsten Punkte und zeigen Ihnen, welche Schritte Sie unternehmen sollten.
- Eine Kündigung wegen Krankheit ist eine Form der personenbedingten Kündigung und nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.
- Es gibt keinen automatischen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung bei einer Kündigung wegen Krankheit.
- Eine Abfindung wird oft im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs nach einer Kündigungsschutzklage gezahlt.
- Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache; die „Regelabfindung“ (0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr) dient oft als Orientierung.
- Nach Erhalt einer Kündigung wegen Krankheit ist schnelles Handeln wichtig: Die Frist für eine Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen.
Voraussetzungen für eine Kündigung wegen Krankheit
Kann Ihnen Ihr Arbeitgeber einfach kündigen, weil Sie krank sind? Nein, so einfach ist es im deutschen Arbeitsrecht nicht. Eine Kündigung wegen Krankheit ist eine sogenannte personenbedingte Kündigung. Sie ist nur unter bestimmten, strengen Voraussetzungen wirksam.
Personenbedingte Kündigung verstehen
Eine personenbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Grund für die Kündigung in der Person des Arbeitnehmers liegt. Krankheit ist der häufigste Fall. Anders als bei verhaltensbedingten Kündigungen haben Sie Ihre Pflichten nicht verletzt. Es geht darum, dass Sie die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung aufgrund Ihrer gesundheitlichen Situation nicht mehr erbringen können.
Negative Gesundheitsprognose erforderlich
Ein entscheidender Punkt ist die Zukunftsprognose. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass auch in Zukunft mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen ist. Eine vergangene lange Krankheit allein reicht nicht aus. Es muss eine negative Gesundheitsprognose vorliegen.
Diese Prognose stützt sich meist auf die Fehlzeiten der Vergangenheit. Gab es häufige Kurzerkrankungen oder eine Langzeiterkrankung? Der Arbeitgeber muss begründen, warum er erwartet, dass sich dies nicht bessert.
Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
Die krankheitsbedingten Ausfälle müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers führen. Das können Störungen im Betriebsablauf sein. Auch hohe Kosten für Lohnfortzahlung oder Ersatzpersonal können eine Rolle spielen.
Was genau „erheblich“ ist, hängt vom Einzelfall ab. Gerichte prüfen dies sehr genau.
Die Interessenabwägung als letzter Schritt
Auch wenn die Prognose negativ ist und betriebliche Interessen beeinträchtigt sind, ist die Kündigung nicht automatisch wirksam. Es folgt eine umfassende Interessenabwägung. Das Gericht prüft, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung trotz der Belastungen noch zugemutet werden kann.
Hierbei werden Ihre Interessen berücksichtigt: Wie lange sind Sie schon im Betrieb? Wie alt sind Sie? Haben Sie Unterhaltspflichten? Gab es einen Arbeitsunfall als Ursache? Die Kündigung muss das mildeste Mittel sein (ultima ratio
). Gab es vielleicht Alternativen wie eine Versetzung oder das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)?
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift in der Regel erst, wenn ein Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt. Für Kleinbetriebe gelten andere Regeln.
Kündigung wegen Krankheit und der Anspruch auf Abfindung
Nun zur Kernfrage: Wenn die Kündigung wegen Krankheit ausgesprochen wird, bekommen Sie dann automatisch eine Abfindung? Die Antwort ist leider meistens: Nein.
Gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung
Im deutschen Arbeitsrecht existiert kein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das gilt auch für die Kündigung wegen Krankheit. Eine Ausnahme kann § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sein, wenn der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht und eine Abfindung anbietet, falls Sie auf eine Klage verzichten. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung greift diese Regelung jedoch nicht direkt.
Wann wird oft eine Abfindung gezahlt?
Obwohl es keinen Rechtsanspruch gibt, werden Abfindungen im Zusammenhang mit Kündigungen – auch krankheitsbedingten – häufig gezahlt.
Warum ist das so?
Meist geschieht dies, um einen Rechtsstreit zu vermeiden oder zu beenden.
Die Zahlung einer Abfindung ist oft das Ergebnis von Verhandlungen. Entweder einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf einen Aufhebungsvertrag. Oder sie schließen vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich, der die Zahlung einer Abfindung vorsieht.
Die Rolle des Aufhebungsvertrags
Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Hier kann eine Abfindung frei verhandelt werden. Oft bietet der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag an, um die Unsicherheiten einer Kündigung wegen Krankheit zu umgehen. Seien Sie hier vorsichtig: Ein Aufhebungsvertrag kann Nachteile beim Arbeitslosengeld haben (Sperrzeit).
Kündigungsschutzklage als Druckmittel
Die größte Chance auf eine Abfindung bei einer Kündigung wegen Krankheit haben Sie oft, wenn Sie eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Warum? Weil die Hürden für eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung sehr hoch sind.
Viele Arbeitgeber scheuen das Risiko, den Prozess zu verlieren. Ein verlorener Prozess bedeutet, dass die Kündigung unwirksam ist und Sie weiterbeschäftigt (und bezahlt) werden müssen. Um dieses Risiko zu vermeiden, bieten Arbeitgeber im Laufe des Gerichtsverfahrens oft einen Vergleich an. Dieser beinhaltet meist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.
Wie hoch ist die Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit?
Wenn eine Abfindung gezahlt wird, wie hoch fällt sie aus? Auch hier gibt es keine feste gesetzliche Regel. Die Höhe ist reine Verhandlungssache.
Die „Regelabfindung“ als Orientierung
Als Faustformel oder „Regelabfindung“ hat sich vor Gericht ein Betrag von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit etabliert. Das ist aber nur ein Richtwert! Es ist keine rechtlich verbindliche Berechnungsgrundlage.
Beispiel: Sie haben 10 Jahre im Unternehmen gearbeitet und zuletzt 4.000 € brutto verdient. Die Regelabfindung wäre 10 x 0,5 x 4.000€ = 20.000€.
Faktoren, die die Höhe beeinflussen
Die tatsächlich erzielbare Abfindung kann von der Regelabfindung stark abweichen. Folgende Faktoren spielen eine wichtige Rolle:
- Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage: Je schlechter die Chancen des Arbeitgebers stehen, die Kündigung vor Gericht durchzusetzen, desto höher kann Ihre Verhandlungsposition sein.
- Verhandlungsgeschick: Ihr eigenes oder das Ihres Anwalts.
- Dauer der Betriebszugehörigkeit: Längere Zugehörigkeit führt oft zu höheren Abfindungen.
- Ihr Alter und Ihre sozialen Umstände: Unterhaltspflichten können berücksichtigt werden.
- Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers.
- Das Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Einigung.
Tabelle: Einflussfaktoren auf die Abfindungshöhe
Faktor | Möglicher Einfluss auf Abfindungshöhe |
---|---|
Erfolgsaussichten Klage | Hoch (gut für AN) -> Höher |
Dauer Betriebszugehörigkeit | Lang -> Höher |
Alter des Arbeitnehmers | Höher -> Eher höher |
Unterhaltspflichten | Ja -> Eher höher |
Verhandlungsgeschick | Gut -> Höher |
Wirtschaftliche Lage AG | Gut -> Eher höher |
Dringlichkeit für AG | Hoch -> Höher |
Eine Abfindung ist steuerpflichtig. Sie wird aber nach der sogenannten Fünftelregelung besteuert, was die Steuerlast oft etwas mindert. Sozialversicherungsbeiträge fallen auf echte Abfindungen in der Regel nicht an.
Was sollten Sie tun, wenn Sie eine Kündigung wegen Krankheit erhalten?
Der Erhalt einer Kündigung ist belastend. Dennoch ist es wichtig, jetzt einen kühlen Kopf zu bewahren und die richtigen Schritte einzuleiten.
Fristen beachten! Ganz wichtig!
Das Allerwichtigste: Sie haben nur drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen! Diese Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie eigentlich fehlerhaft war. Auch Ihr Verhandlungsspielraum für eine Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit sinkt dann drastisch.
Rechtlichen Rat einholen
Suchen Sie umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf. Dieser kann die Wirksamkeit der Kündigung prüfen und Ihre Chancen realistisch einschätzen. Er berät Sie über das beste Vorgehen: Klage einreichen? Einen Aufhebungsvertrag verhandeln? Er kann Sie auch im Kündigungsschutzprozess vertreten und die Verhandlungen über eine mögliche Abfindung führen. Ein Experte kennt die Fallstricke und die Argumente, die vor Gericht zählen.
Checkliste: Erste Schritte nach Erhalt der Kündigung
- Datum des Zugangs der Kündigung notieren.
- Ruhe bewahren, nichts vorschnell unterschreiben (z.B. Aufhebungsvertrag).
- Sofort Termin bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht vereinbaren.
- Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnungen und Kündigungsschreiben bereithalten.
- Bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden (oft online möglich).
Alternativen zur Kündigung
Bevor ein Arbeitgeber eine Kündigung wegen Krankheit aussprechen darf, muss er prüfen, ob es mildere Mittel gibt. Die Kündigung muss immer die ultima ratio
sein.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
War ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Ziel des BEM ist es, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten.
Hat der Arbeitgeber kein ordnungsgemäßes BEM durchgeführt, steigen die Chancen für Sie in einem Kündigungsschutzprozess erheblich. Das Fehlen eines BEM macht die Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam, aber der Arbeitgeber muss dann noch genauer darlegen, warum auch ein BEM die Kündigung nicht hätte verhindern können.
Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber muss auch prüfen, ob Sie auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigt werden können. Vielleicht gibt es eine freie Stelle mit geringeren körperlichen Anforderungen oder anderen Arbeitszeiten, die Ihrer Gesundheit entgegenkommen. Dies gilt auch, wenn dafür eine zumutbare Umschulung oder Fortbildung notwendig wäre.
Mögliche Alternativen zur Kündigung:
- Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes
- Änderung der Arbeitszeiten
- Versetzung auf eine andere freie Stelle
- Durchführung eines BEM-Verfahrens
- Umgestaltung von Arbeitsabläufen
Kann der Arbeitgeber keine dieser Alternativen umsetzen oder führen sie nicht zum Erfolg, rückt die Kündigung näher. Aber auch dann bleiben die Hürden der negativen Prognose, der betrieblichen Beeinträchtigung und der Interessenabwägung bestehen.
Fazit
Eine Kündigung wegen Krankheit ist für Arbeitnehmer ein harter Einschnitt. Sie ist rechtlich möglich, aber an hohe Hürden geknüpft. Einen automatischen Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit gibt es nicht. Oft wird eine Abfindung jedoch im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs gezahlt, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Die Höhe ist Verhandlungssache.
Entscheidend ist, nach Erhalt einer Kündigung schnell zu handeln und die dreiwöchige Klagefrist nicht zu verpassen. Suchen Sie umgehend anwaltlichen Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Häufig gestellte Fragen zur Kündigung wegen Krankheit und Abfindung
Bekomme ich immer eine Abfindung, wenn mir wegen Krankheit gekündigt wird?
Nein, einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es in diesem Fall nicht. Abfindungen werden meist freiwillig vom Arbeitgeber gezahlt, oft um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden oder zu beenden. Die besten Chancen auf eine Abfindung bestehen, wenn Sie rechtzeitig Kündigungsschutzklage einreichen und Ihr Anwalt Verhandlungen führt oder wenn Sie einen Aufhebungsvertrag mit entsprechender Klausel schließen.
Wie hoch ist eine Abfindung bei Kündigung wegen Krankheit üblicherweise?
Es gibt keine feste Regel. Als Orientierung dient oft die „Regelabfindung“ von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Die tatsächliche Höhe hängt aber stark von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Verhandlungsgeschick. Sie kann deutlich höher oder niedriger ausfallen.
Was ist der wichtigste erste Schritt, wenn ich eine Kündigung wegen Krankheit erhalten habe?
Der absolut wichtigste Schritt ist, die Fristen zu beachten. Sie haben nur drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung Zeit, um Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Versäumen Sie diese Frist, wird die Kündigung wirksam. Suchen Sie daher sofort nach Erhalt der Kündigung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf, um sich beraten zu lassen und die Frist nicht zu verpassen.