Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung: Ist das erlaubt? Was Sie jetzt wissen müssen

Erstellt durch: Redaktion

Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung: Ist das erlaubt? Was Sie jetzt wissen müssen
Hinweis: Die auf dieser Website bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar. Die Informationen sind allgemeiner Natur und dienen ausschließlich zu Informationszwecken.

Eine Kündigung trifft oft unerwartet. Besonders heikel wird es, wenn sie scheinbar ohne nachvollziehbaren Grund und ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen wird. Viele Arbeitnehmer fühlen sich dann hilflos und fragen sich: Darf mein Arbeitgeber das überhaupt?

Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel. Sie erfahren, wann eine Kündigung ohne Grund zulässig ist, welche Rolle die Abmahnung spielt und welche Schritte Sie unternehmen können, wenn Sie betroffen sind. Wir klären die wichtigsten Rechtsgrundlagen und zeigen Ihnen Ihre Möglichkeiten auf.

Das Wichtigste in Kürze
  • Eine Kündigung ohne Grund ist nur außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) möglich (z.B. Probezeit, Kleinbetrieb).
  • Das KSchG greift ab mehr als 10 Mitarbeitern und 6 Monaten Beschäftigungsdauer.
  • Eine Abmahnung ist meist Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung unter dem KSchG.
  • Eine fristlose Kündigung wegen schwerem Fehlverhalten kann ohne Abmahnung erfolgen.
  • Bei Zweifel an der Rechtmäßigkeit: Innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage einreichen.

Der allgemeine Kündigungsschutz in Deutschland

Das deutsche Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen. Dreh- und Angelpunkt ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses Gesetz legt fest, dass eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber sozial gerechtfertigt sein muss.

Wann greift dieses Gesetz? Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  1. Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate ohne Unterbrechung.
  2. Der Betrieb beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer (Auszubildende zählen nicht voll).

Ist das KSchG anwendbar, benötigt der Arbeitgeber einen triftigen Grund für die Kündigung. Diese Gründe können in der Person des Arbeitnehmers liegen (z.B. lange Krankheit), in seinem Verhalten (z.B. wiederholtes Zuspätkommen) oder betriebsbedingt sein (z.B. Auftragsmangel, Umstrukturierung).

Kündigungsschutzgesetze: Kündigung ohne Grund und WarnungPin

Wann ist eine Kündigung ohne Grund möglich?

Die Frage ist also: Gibt es Situationen, in denen der Arbeitgeber keinen Grund nennen muss? Ja, die gibt es.

Tipp:  Verhaltensbedingte Kündigung: Beispiele und Erklärung

Eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ist hauptsächlich in zwei Fällen zulässig:

  1. Während der Probezeit: In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses gilt das Kündigungsschutzgesetz noch nicht. Hier kann der Arbeitgeber (und auch der Arbeitnehmer) mit einer verkürzten Frist von meist zwei Wochen kündigen, ohne einen Grund angeben zu müssen.
  2. In Kleinbetrieben: Betriebe mit zehn oder weniger Mitarbeitern fallen nicht unter den allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG. Auch hier kann der Arbeitgeber grundsätzlich ohne Angabe von Gründen kündigen.

Aber Achtung! Auch in diesen Fällen ist die Kündigung nicht vollkommen schrankenlos. Sie darf nicht treuwidrig oder sittenwidrig sein. Eine Kündigung aus diskriminierenden Motiven (z.B. wegen Geschlecht, Herkunft, Religion) ist immer unzulässig.

Ergänzendes Wissen

Kleinbetriebsregelung: Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2004 begonnen haben, liegt die Grenze bei fünf oder weniger Mitarbeitern. Maßgeblich ist die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, wobei Teilzeitkräfte anteilig zählen.

Ist eine Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung zulässig?

Hier müssen wir genau unterscheiden. Geht es um eine Kündigung ohne Grund oder eine Kündigung ohne Abmahnung?

Wie eben erklärt: Eine Kündigung ohne Grund ist nur in der Probezeit oder im Kleinbetrieb möglich. In diesen Fällen braucht es in der Regel auch keine vorherige Abmahnung, da ja kein bestimmtes Fehlverhalten gerügt werden muss.

Anders sieht es aus, wenn das Kündigungsschutzgesetz greift. Hier benötigt der Arbeitgeber einen Grund. Handelt es sich um einen verhaltensbedingten Grund (z.B. Unpünktlichkeit, Arbeitsverweigerung), ist vor der Kündigung meist eine Abmahnung erforderlich.

Die Rolle der Abmahnung

Was ist eine Abmahnung eigentlich genau? Sie ist eine formelle Rüge eines bestimmten Fehlverhaltens durch den Arbeitgeber.

Eine Abmahnung hat drei Funktionen:

  • Hinweisfunktion: Sie zeigt dem Arbeitnehmer konkret auf, welches Verhalten beanstandet wird.
  • Warnfunktion: Sie macht deutlich, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist, also eine Kündigung droht.
  • Dokumentationsfunktion: Sie hält das Fehlverhalten und die Rüge fest.

Eine Abmahnung ist also weitestgehend die „Gelbe Karte“ im Arbeitsverhältnis. Sie soll dem Arbeitnehmer die Chance geben, sein Verhalten zu ändern.

Erst wenn das nicht fruchtet, kommt als „Rote Karte“ die Kündigung in Betracht.

Wann ist eine Kündigung ohne Abmahnung möglich?

Obwohl die Abmahnung bei verhaltensbedingten Kündigungen unter dem KSchG die Regel ist, gibt es Ausnahmen. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist vorwiegend in diesen Fällen denkbar:

  • Schwerwiegende Pflichtverletzungen (fristlose Kündigung): Bei besonders gravierendem Fehlverhalten, das das Vertrauensverhältnis sofort und unwiederbringlich zerstört, kann eine fristlose (außerordentliche) Kündigung nach § 626 BGB erfolgen. Eine Abmahnung ist dann entbehrlich. Beispiele hierfür sind Diebstahl, Betrug, Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen.
  • Abmahnung ohne Erfolgsaussicht: Wenn von vornherein klar ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändern wird oder kann, kann eine Abmahnung sinnlos sein. Dies ist aber selten der Fall.
  • Personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung: Bei Kündigungen, die nicht auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruhen (z.B. Krankheit, Wegfall des Arbeitsplatzes), ist eine Abmahnung logischerweise nicht erforderlich.
Tipp:  Der Ruhestand naht: Wie schreibt man eine Kündigung, wenn man in Rente geht?

Die häufigste Situation einer Kündigung ohne Abmahnung ist also die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund.

Ergänzendes Wissen

Kleinbetriebsregelung: Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2004 begonnen haben, liegt die Grenze bei fünf oder weniger Mitarbeitern. Maßgeblich ist die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, wobei Teilzeitkräfte anteilig zählen.

Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung: Ein Widerspruch?

Der Ausdruck „Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung“ kann also missverständlich sein.

Fassen wir zusammen:

SituationKündigungsgrund nötig?Abmahnung nötig?Gesetzliche Grundlage (Beispiele)
Innerhalb ProbezeitNeinNein§ 622 Abs. 3 BGB
Im KleinbetriebNein (grundsätzlich)Nein (grundsätzlich)Kein KSchG-Schutz
Außerhalb Probezeit/Kleinbetrieb (Verhaltensbedingt)JaJa (Regelfall)KSchG, § 1 Abs. 2
Außerhalb Probezeit/Kleinbetrieb (Personen-/Betriebsbedingt)JaNeinKSchG, § 1 Abs. 2
Fristlose KündigungJa (wichtiger Grund)Nein (bei schwerer Pflichtverletzung)§ 626 BGB

Eine Kündigung, die sowohl ohne Grund als auch ohne Abmahnung erfolgt, ist also typischerweise die Kündigung in der Probezeit oder im Kleinbetrieb. In allen anderen Fällen, in denen das KSchG greift, braucht es entweder einen Grund (der keine Abmahnung erfordert) oder einen Grund plus Abmahnung (bei Verhalten) oder einen so schwerwiegenden Grund, dass keine Abmahnung nötig ist (fristlos).

Was können Sie tun, wenn Sie eine solche Kündigung erhalten?

Sie halten eine Kündigung in den Händen, sehen keinen Grund und wurden auch nicht abgemahnt? Dann sollten Sie zügig handeln.

Folgende Schritte sind empfehlenswert:

  1. Kündigungsschreiben prüfen: Ist die Kündigung schriftlich erfolgt? Ist die Kündigungsfrist korrekt? Wurde sie von einer berechtigten Person unterschrieben?
  2. Anwendbarkeit KSchG prüfen: Wie lange sind Sie im Betrieb beschäftigt? Wie viele Mitarbeiter hat der Betrieb?
  3. Sofort handeln: Suchen Sie umgehend rechtlichen Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder einer Gewerkschaft.
  4. Kündigungsschutzklage: Wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Verpassen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war!
  5. Arbeitslos melden: Melden Sie sich spätestens drei Tage nach Erhalt der Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend und spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit arbeitslos.

Ist eine Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung also immer rechtens? Nein. Nur unter den genannten Voraussetzungen (Probezeit, Kleinbetrieb) ist sie in der Regel zulässig. Greift das Kündigungsschutzgesetz, ist eine grundlose Kündigung unwirksam. Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung ist nur bei schweren Verstößen (meist fristlos) oder in Ausnahmefällen wirksam.

Tipp:  Arbeitsvertrag ohne Tarifbindung: Vorteile und Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Besonderer Kündigungsschutz

Bestimmte Personengruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Für sie gelten noch strengere Regeln, und eine Kündigung ist oft nur mit Zustimmung einer Behörde möglich.

Dazu gehören unter anderem:

  • Schwangere und Mütter bis vier Monate nach der Entbindung
  • Arbeitnehmer in Elternzeit
  • Schwerbehinderte Menschen
  • Mitglieder des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung
  • Auszubildende nach der Probezeit

Erhalten Sie als Angehöriger einer dieser Gruppen eine Kündigung, sollten Sie erst recht sofort juristischen Beistand suchen.

Fazit

Eine Kündigung ohne Grund und ohne Abmahnung ist im deutschen Arbeitsrecht die Ausnahme, nicht die Regel. Sie ist primär während der sechsmonatigen Probezeit und in Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern möglich. Sobald das Kündigungsschutzgesetz greift, benötigt der Arbeitgeber einen triftigen Grund.

Bei verhaltensbedingten Gründen ist zudem meist eine vorherige Abmahnung erforderlich, es sei denn, es liegt ein schwerwiegender Verstoß vor, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Erhalten Sie eine Kündigung, die Ihnen ungerechtfertigt erscheint, handeln Sie schnell und lassen Sie sich beraten – die dreiwöchige Klagefrist ist entscheidend.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Kann ich in der Probezeit wirklich ohne jeden Grund gekündigt werden?

Ja, während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Der Arbeitgeber muss keinen Grund angeben. Die Kündigung darf jedoch nicht willkürlich, sittenwidrig oder diskriminierend sein (z.B. wegen Ihrer Herkunft oder weil Sie schwanger sind). Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel zwei Wochen.

Mein Betrieb hat nur 8 Mitarbeiter. Kann mir einfach so gekündigt werden?

Ja, Betriebe mit zehn oder weniger Mitarbeitern gelten als Kleinbetriebe und fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz. Eine ordentliche Kündigung benötigt hier keinen der im KSchG genannten Gründe. Allerdings muss der Arbeitgeber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahren und darf nicht willkürlich oder diskriminierend kündigen. Die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen müssen eingehalten werden.

Was passiert, wenn ich die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage verpasse?

Wenn Sie die Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung verstreichen lassen, gilt die Kündigung automatisch als wirksam – selbst wenn sie eigentlich unwirksam gewesen wäre (§ 7 KSchG). Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, in denen eine nachträgliche Zulassung der Klage möglich ist (z.B. bei unverschuldeter Verhinderung). Daher ist schnelles Handeln extrem wichtig.

Ist eine mündliche Abmahnung gültig?

Ja, eine Abmahnung muss nicht schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Aus Beweisgründen wird sie aber meist schriftlich ausgesprochen. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass er eine Abmahnung erteilt hat und welchen Inhalt sie hatte. Eine mündliche Abmahnung ist daher für den Arbeitgeber riskanter, aber rechtlich möglich.

Berufsordnung Favicon

Redaktion

Die Redaktion von berufsordnung.de besteht aus einem jungen und motivierten Team von Autoren, deren Ziel es ist, Sie im Berufsalltag und beim Karriereaufbau zu unterstützen.

Abmahnung für Mitarbeiter wegen Verstoß gegen Datenschutz: Was Sie wissen müssen

Kündigung unbefristeter Arbeitsvertrag: Was Sie wissen müssen